Dienstag, 14. Oktober 2008

Medical Check am Vormittag

Waaaaaah! Will nicht aufstehen.
Der Wecker klingelt schon wieder viel zu früh. Wir haben beide schlecht geschlafen. Dieser medizinische Check steht heute an. Mir ist schon etwas seltsam zumute bei dem Gedanken, mich hier in China an einem "aaah, is no hospital, is special place" von irgendwelchen chinesischen Ärzten an einem "speziellen Ort" untersuchen zu lassen. Arndt geht es nicht viel besser, aber da müssen wir heute wohl durch.

Special Place:
Um acht wartet der chinesische Student in der Lobby vom Hotel auf uns. Ein toller Studenten-Job muss das sein, die Expats von Nokia vom Hotel abzuholen (Wagen mit Fahrer, natürlich) und zum "speziellen Platz", 30 km von der Innenstadt entfernt, zu bringen um sie dann dort durch die verschiedenen Teststationen zu lotsen.
Der "spezielle Platz", ist ein mittelgroßes, graues Steinhaus, das von Soldaten, Kameras und einem hohen schwarzen Zaun bewacht wird. Sozialistischer Baustil. Chinesischer CIA-Hauptsitz? Geheimes Versuchslabor? Wie heisst der Geheimdienst hier? Egal, da geht's jetzt rein.

Fragebogen:
Zuerst müssen wir den Gesundheitszustands-Fragebogens ausfüllen. Haben oder hatten wir AIDS, Gelbsucht, Furunkel, offene Tuberkulose, Lepra.. usw.

Sicher, da macht bestimmt JEDER, der davon irgendetwas hat oder hatte, in der "Ja"-Spalte ein Kreuz! Noch haben wir unseren Spaß.

Dann Schlangestehen bei der Anmeldung. Wir werden mit einer Webcam fotografiert. Warum, zum Henker mussten wir eigentlich haufenweise Passbilder anfertigen lassen, wenn die hier eh ein Foto machen?? Egal, es geht weiter.
Nach der Anmeldung, gleich nochmal anstehen, diesmal in der Bezahlschlange. Unser Helfer drängelt sich gekonnt vor, und alles geht zügig ohne Hast.

Also, so geht das hier:
1. Fragebogen ausfüllen,
2. Anmelden,
3. Bezahlen,
4. Quittung entgegenehmen,
5. Untersuchungen machen lassen,
6. Laufzettel und 4 (Arndt, ich nur 3) Passbilder abgeben.
Erst bezahlen, dann Untersuchungen geniessen. Na Bravo.

Der Namenlose:
Wirklich schön, dass wir jemanden dabei haben, der Chinesisch spricht. Sein Englisch reicht für das Notwendigste. Stell ihm bloß keine Fragen warum und weshalb, die versteht er erstens nicht gleich, zweitens hat er keine Antworten darauf. Die Hintergrundinformationen kriegen wir also nicht, aber alles in allem war der Gute schon in Ordnung und uns auch eine kleine Hilfe. Leider hab' ich seinen Namen vergessen.

Ohne ihn hätten wir sicherlich doppelt solange für diese Sinnlosprozedur benötigt, und so verunsichert und unschlau aus der Wäsche gekuckt, wie die anderen Schafe hier. Wir kommen uns vor, wie Schlachtvieh , dass auch nicht gesagt kriegt, was hinter der nächsten Tür wartet.

Waaaaaaah!
Ich mach den Anfang, und das ist dann auch gleich die Blutentnahme. "Venous blood samples room" oder sowas Ähnliches steht unter den chinesischen Zeichen an der Tür.
Noch bevor ich richtig drin bin, krieg ich schon 'ne kleine Panikattacke, bilde mir ein, ich verblute gleich am staubigen Stadtrand in Beijings Alien-Testlabor. Die hinter einem Tisch sitzende Ärztin hat einen weissen, riesigen Mundschutz umgebunden. Waaaaaaah! Ich kann nur ihre Augen sehen. Angst. MARION!!!!!!! Hilfe!!!!! Mach Du das, bitte!!!

"The quality of doctors is veeeeery good here!",
versichert mir unser Helfer. Leider beruhigt mich das überhaupt nicht, im Gegenteil. Arndt und er kommen mit ins Zimmer, ich nehme Platz, strecke meinen Arm über den Tisch. Arndt legt mir beruhigend seine Hände auf die Schulter. Rechts an einem anderen Tisch sitzt auch schon jemand.
Ich schaue auf meinen Arm, sehe wie sie mit einer diesen gelblichen Plastikschläuche meinen Arm abbindet, soll eine Faust machen, sie tupft viel braune Jodlösung auf meine Amrbeuge und kramt eine verpackte Nadel aus, ich muss schnell wieder wegschauen.

Aderlass:
Aber dann hat die Nadel nur einen winzigen Durchmesser und die Blutabnahme ist eher in der Mikrolitermenge einzuordnen. Ich merke überhaupt nix. Mensch, Leute! DIE Menge könnt ihr auch haben, wenn ihr mir einfach in den Finger stecht! Deswegen braucht man doch nicht die Vene anzapfen!

Ich sag ja, das mit dem Bungee-Jumpen ist reine Geldverschwendung. Adrenalinausschüttung kriegt man hier in Beijing täglich, für wenig bis gar kein Geld.

Arndt ist nach mir dran, sein Arm reicht soweit über den Tisch, dass die Ärztin echte Probleme hat an die Zapfstelle zu kommen, ist schon fast witzig, der Anblick, ich revanchier mich mit meinen Händen auf seinen Schultern.
Für den winzigen Stich kriegen wir ein Pflaster wie in D nach der Halbliter-Blutspende.

X-Ray:
Dann geht's zum Röntgen. Arndt verweigert, Recht hat er! Hätte ich auch machen sollen, der Schutzmantel ist nur in Unterhosenform. Und wenn ich das mal beschreiben soll, es ist eher ein kleiner Slip, keiner dieser großen Feinripp-Liebestöter.

Klar gibt das ne mittlere Diskussion, als er klarmacht, dass er diese "Untersuchung" nicht machen lassen will, sie sollen ihm doch erstmal einen Grund dafür nennen. Aber erklären, warum sie den Oberkörper röntgen wollen, kann oder will uns niemand.

Unser Helfer sagt, "Das muss aber.", Arndt sagt "Warum?", Helfer wieder "Gehört zum vollständigen Medical Check dazu und muss gemacht werden!", Arndt "Das ist kein Grund für mich, was wollt ihr denn dabei feststellen? Ich denke, das kann man auch anders checken!".
Unser Helfer diskutiert heftig mit den Ärzten. Es gibt immer noch keine Erklärung für uns. Ich ärgere mich, dass ich drin war. Arndt sagt bestimmt Nein, er lässt sich hier jetzt nicht röntgen. So. Die kucken komisch. Ich bin sehr stolz auf ihn!
Und als er dann sagt, er schickt seine Bilder vom Juni (Rippen- und Schädelbruchaktion) ein, können wir weiter zur nächsten Station.

EKG:
Meins sieht doch gar nicht so schlecht aus, oder? *grins* Diesen Zettel dürfen wir für immer behalten.

Kuckstu hier!
Zum lächerlichsten Sehtest dieser Erde müssen wir auch noch: mit der Hand das rechte Auge zuhalten, die Frau im weissen zeigt mit einem langen Bambusstock auf die Wand mit den Zeichen: "E ... W ... M ... 3."
Mit der Hand das linke Auge zuhalten. Der Bambusstock wird wieder geschwungen: "E ... W ... M ... 3.".
Supi, fertig. Weiter geht's. Schluck. Auf der Tür steht "Surgery Room". Chirurgie. Schluck nochmal.

Surgery Room:
Wiedermal zu früh gepanickt. Das ist nicht die lebende Organentnahme, hier wird nur gewogen und der Blutdruck gemessen. Scheint bei uns beiden OK zu sein, der vermummte Arzt schaut mich nur, nachdem er auf die Waage gesehen hat, erstaunt an. Ich sage "All muscles" (Alles Muskeln, was glaubst Du denn?) und grinse.
Jetzt müssen wir nur noch unseren Laufzettel mit den Arztunterschriften abgeben (unser Helfer macht das natürlich wieder, während wir am Rande warten) und dann mal nix wie raus hier.

Wir haben fertig
Endlich wieder draussen, der Wagen wartet schon. Es geht zurück ins Hotel. Das wäre überstanden! Es ist kurz vor elf.
Insgesamt gesehen, eine recht bescheuerte und sinnlose Aktion, die man sich da antun "muss".

Heim ins Hotel:
Auf dem Weg zurück in die Stadt kommen wir am Roten Kreuz Blutspendezentrum vorbei. Alles klar, dann wissen wir auch wo das ist. Ich will so schnell aber keinen Arzt mehr sehen.

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